Vor ein paar Wochen fragte ein Freund in netter Runde, wie wir denn zum Thema Volksbegehren stehen. Ich hatte damals einige Bedenken und muss sagen, dass sich die in letzter Zeit eigentlich noch verstärkt haben.
Da ist zum Beispiel die Geschichte mit der Volksabstimmung in der Schweiz zum Bau von Minaretten. Den Ausgang der Abstimmung will ich hier überhaupt nicht bewerten, aber die Geschehnisse zeigen meines Erachtens, dass sich viele Themen nicht für eine Abstimmung des ganzen Volkes eignen. Denn immer wenn ein sensibles Thema auf ein schlichtes Ja oder Nein reduziert wird, gibt es am Ende eigentlich keinen Gewinner. Vertreter beider Seiten argumentieren, um es mal vorsichtig auszudrücken, volksnah – was nichts anderes bedeutet, als dass mit Ängsten gespielt und generell emotional argumentiert wird. Ähnliches war auch vor ein paar Monaten bei der Abstimmung in Irland über den Lissabon-Vertrag zu beobachten. Um rationale Argumente geht es bei diesen Abstimmungen leider nur sehr selten.
Und wie sollte es auch anders sein. Der durchschnittliche Bürger überblickt eben nur sehr selten die komplexen Zusammenhänge des politischen Lebens. Das zeigt sich schon auf kommunaler Ebene, wo zum Beispiel in meiner Heimat Nordrhein-Westfalen Bürgerbegehren vorgesehen sind. Allerdings scheitern viele dieser Begehren schon im Vorfeld – und zwar nicht an fehlender Unterstützung, sondern daran, dass sie einen Finanzierungsvorschlag machen müssen. Da werden dann schnell Vorschläge gemacht, die an Stellen kürzen wollen, zu denen die Städte gesetzlich verpflichtet sind. Es fehlt also am Durchblick, was überhaupt möglich ist.
Volksabstimmungen sind auch viel zu sehr beeinflussbar von der aktuellen Stimmungslage in der Bevölkerung. Man stelle sich vor, eine Woche nach einem schrecklichen Amoklauf würde über ein Verbot aller Schützenvereine (nicht dass ich das für einen großen Verlust halten würde) abgestimmt. Oder nach Enthüllungen über Kindesmissbrauch über die Wiedereinführung der Todesstrafe. Das sind zwar Extrembeispiele, aber für fast jedes Thema gibt es emotionale Reize, die eine Abstimmung in eine bestimmte Richtung beeinflussen würden, ohne dass die Menschen überblicken würden, was für Folgen diese Entscheidung für unsere Gesellschaft hätte.
Wem also Parlamentswahlen nicht ausreichen, um das politische Geschehen zu beeinflussen, der sollte vielleicht einmal darüber nachdenken, doch ein bereits vorgesehenes Instrument der politischen Willensbildung zu nutzen. Es steht nämlich jedem frei, Mitglied einer Partei zu werden und durch Teilnahme an Parteitagen und Kandidatur für politische Ämter selbst etwas zu bewegen. Das mag langwieriger sein, verringert aber die Gefahr erheblich, dass wir uns mit unsinnigen Abstimmungen über Themen, von denen wir eigentlich nichts verstehen, selbst ins Knie schießen.
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