Nirgendwo wird so oft die Wahrheit verbogen wie in der Werbung – ganz besonders gern bei den Lebensmitteln, aber auch andere Produktgruppen wie Kosmetika oder Reinigungsmittel fallen ins Auge. Die Frage ist eigentlich nur, warum wir als Verbraucher das so selten merken. Deshalb möchte ich heute ein paar gängige Tricks zeigen, wie sich der Verbraucher hinters Licht führen und unter Umständen dazu verleiten lässt, ein Produkt mit vielen negativen Eigenschaften für ein tolles Schnäppchen zu halten.
Immer gern genommen: den Fokus auf Selbstverständlichkeiten legen, um von den Problemen abzulenken. Zum Beispiel die “dermatologisch geprüfte Hautverträglichkeit” bei Kosmetika. Glauben sie im Ernst, die würden ihnen was verkaufen (dürfen), was nicht hautverträglich ist? Oder bei Lebensmitteln “laut Gesetz ohne Konservierungsstoffe”. Ja herzlichen Glückwunsch, der Hersteller hält sich ans Gesetz – die Konkurrenten etwa nicht?
Gerade bei Lebensmitteln gern genommen sind “health claims”, also Aussagen zur Gesundheit des Lebensmittels. “…kann im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung die Verdauung verbessern und das Immunsystem stärken” heisst es da gern bei bestimmten Joghurts. Kann, muss aber nicht. Und jeder andere Joghurt kann das auch. Was das Immunsystem angeht, zitiere ich da auch gern Herrn Dr. Hirschhausen: “Alles was sie in den Körper reintun, was da nicht reingehört, regt die Abwehr an und stärkt das Immunsystem”.
Überhaupt sind es oft die kleinen Wörtchen, denen wir große Beachtung schenken sollten. Zum Beispiel das Wort “Geschmack”. Wenn das auf der Produktverpackung möglichst unauffällig vorkommt, kann man schon fast davon ausgehen, dass das, wonach es schmeckt, nicht oder nur in sehr geringen Anteilen drin ist. Da gibt es zum Beispiel Wasabi-Erdnüsse komplett ohne Wasabi – aber mit einem Aroma, das ihnen den Wasabi-Geschmack gibt. Selbst in einem Fruchtjoghurt mit Erdbeergeschmack müssen die gesetzlich vorgeschriebenen 6% Fruchtanteil nicht etwa Erdbeeren sein – der Hersteller kann auch Äpfel nehmen und den Erdbeergeschmack mit Aroma reinbringen.
Beliebt sind auch kleine Einschränkungen mit großer Wirkung. Zum Beispiel der immer noch sehr aktive beworbene “Pur Choc” Pudding. Da wird mit “75% Kakao” geworben – “in der Schokolade”. Eine ganz entscheidende Einschränkung, denn es sind nur 2.5% Schokolade drin, was den Anteil des edlen Kakaos auf 1.875% zusammenschmelzen lässt. Daneben sind nochmal 2.7% Kakaopulver drin, so dass der Gesamtanteil gerade mal bei knapp über 5% liegt – ziemlich wenig wenn man bedenkt, dass normale Schokopuddingrezepte zwischen 10 und 20% Schokoladenanteil empfehlen…
“Ohne Geschmacksverstärker” ist der letzte Schrei. Seitdem immer mehr aufgeklärte Verbraucher wissen, dass man mit Geschmacksverstärkern minderwertige Zutaten “aufwerten” kann und den beliebten Einheitgeschmack bekommt, wird verstärkt damit geworben, dass Lebensmittel ohne diese Zusatzstoffe auskommen. Das stimmt natürlich – wenn man dabei mal großzügig übersieht, dass die meisten Hersteller jetzt statt Mononatriumglutamat halt Hefeextrakt verwenden. Aus einem guten Grund: Hefeextrakt enthält sehr viel Glutamat, da es aber nicht in isolierter Form vorliegt, muss es nicht als Geschmacksverstärker deklariert werden, sondern gilt als Gewürz. Eine winzige Rezepturänderung und ein großer lebensmittelrechtlicher Trick und schon kann der Hersteller weitermachen wie bisher.
Und warum lassen wir uns so beschummeln? Weil wir es uns gern einfach machen. Viele dieser Probleme könnten wir uns ersparen, wenn wir uns mal wieder darauf zurückbesinnen würden, dass Kochen mehr ist, als ein paar Gemüse, etwas Fleisch und den Inhalt einer Tüte zusammenzurühren. Und wir sollten uns immer wieder vor Augen führen, dass die Industrie in erster Linie die Steigerung ihrer Profite im Blick hat und nicht einen gesunden, mündigen Verbraucher.
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